Die Universalität der Physik ist Folge von extremen Verallgemeinerungen. Gesucht wird die Grundlage aller physischen Körper, gleich welcher Art. Eine derart radikale Abstraktion birgt immer auch die Gefahr der Belanglosigkeit: was für alle und alles gut sein soll, ist vielleicht am Ende für nichts und niemanden mehr gut. Die Realität wird in ein beängstigendes Korsett gequetscht, das keine Luft zum Atmen lässt und die Seele aus dem Leib presst.
Ursprünglich ist der physische Körper das Maß der physischen Realität. Physisch real ist das, was wir sehen, hören, fühlen können. Das macht die Physik eigentlich so interessant, dass ihr Gegenstand ganz konkret ist, erfahrbar, materiell. Doch beim Versuch, diese Materie in den Griff zu bekommen, haben wir sie getötet. Bis schließlich der vollkommen leblose Körper, die tote Materie, das Maß aller Dinge wurde.
In Wirklichkeit ist Materie ganz und gar nicht tot.
Von Anfang an beruht die Mechanik auf einem Prinzip elementarer Reproduktion. Es steckt schon in der Differentialrechnung. Jede Bewegung — ja selbst die Nicht-Bewegung, der Ruhezustand — ist eine Abfolge vorübergehender Zustände; Zeit zerfällt in infinitesimale Momente. Also muss sich, um physisch zu existieren, jedes Ding jeden Moment aufs Neue reproduzieren — oder es wird reproduziert.
In der Mechanik wird das Prinzip der Reproduktion häufig „Trägheit“ genannt. Heutzutage könnten wir stattdessen von einem „Programm“ sprechen, das einen physischen Körper dazu bringt, immer wieder auf die gleiche Weise in Erscheinung zu treten. Dieses Verhalten kann durch Kräfte modifiziert werden, die in der Regel von anderen Objekten ausgehen — die Ausführung des Programms kann durch Eingaben modifiziert werden, letztlich durch andere Programme.
Hier benutzen wir im Allgemeinen noch eine andere Terminologie, nach der es der „Raum“ des Dinges ist, der das Ding sich reproduzieren lässt, eventuell beeinflusst — oder überlagert — durch andere Räume, die Räume anderer Dinge.
Der Begriff des Dinges, wie wir ihn hier gebrauchen, meint nicht notwendigerweise ein physikalisches Objekt. Er ist überhaupt weniger ein Begriff der Physik als vielmehr der Logik. Er ist absolut unverzichtbar für unsere Orientierung in der Welt. Deshalb finden wir ihn immer und überall — die Welt muss aus Dingen bestehen.
Das gilt keineswegs nur für die physische Welt. Vielmehr verweist die Zugehörigkeit des Begriffs zur Logik darauf, dass selbst all das, was wir als physisches Objekt begreifen, noch eine ganz andere Dimension hat, dass es eingebunden ist in ein System grundsätzlicher — nämlich logischer — Beziehungen, die maßgeblich seine Natur ausmachen.
Ein Ding vervielfältigt sich als Ganzes. So kann es als Eines behandelt werden. Das macht es einfach — obwohl es auf der anderen Seite zusammengesetzt ist aus anderen Dingen. Genau deshalb brauchen wir es. Wir bekommen etwas in den Griff, was sonst weder zu handhaben noch zu verstehen wäre.
Auf diese Weise verallgemeinerte Dinge gibt es natürlich überall in der Physik, nicht nur in Gestalt von physikalischen Objekten, sondern auch als universelle Konstanten etwa. Ja, selbst mathematische Gleichungen, die die physikalischen Gesetze darstellen, sind in diesem Sinne Dinge.
So gibt es also in den verschiedenen Bereichen der Physik auf unterschiedlichen Ebenen (oder, wie wir hier gerne sagen: in verschiedenen Räumen des Wissens) ganz verschiedene Arten von Dingen, und es ist häufig extrem wichtig, diese nicht durcheinander zu bringen. Um aber zu verstehen, wie leicht das passieren kann, sollten wir uns bewusst machen, dass logisch gesehen all diese verschiedenen Dinge gleich sind (– also: ein und dasselbe Ding!).
Nicht immer ist es ein Fehler, verschiedene Dinge (aus verschiedenen Räumen) so zu behandeln, als wären sie ein und dasselbe. Vielmehr ist es oft ganz natürlich und unvermeidlich. Etwa wenn ein physisches Objekt durch seinen Namen — und mit ihm! — identifiziert wird. Ohne eine solche Identität wäre es nicht möglich, überhaupt über irgendetwas zu sprechen, etwas zu begreifen, irgendetwas zu wissen.
Was wir in diesem und ähnlichen Fällen tun, ist, ein neues Ding kreieren — beziehungsweise benutzen. Dieses Ding ist eine Vereinigung der anderen Dinge, die dabei bleiben, was sie sind: verschieden, eigentlich unvereinbar. Aber ihre Räume können sich durchdringen und so einen neuen Raum bilden für das neue Ding, das anders ist als die anderen, obwohl es sie irgendwie miteinander kombiniert.
Dieser Prozess ist von allergrößter Bedeutung und grundlegend für jede Art von Wissen. Wir nannten ihn den zentralen „Akt des Wissens“. Hier ist er das, was uns eine geistige Repräsentation des physischen Dinges liefert. Indem wir es sozusagen mit dem passenden Symbol kombinieren.
Eine derartige „geistige Repräsentation“ ist deshalb Ding, weil sie sich vervielfältigt, also immer wieder benutzt wird. Das bedeutet zunächst nur, dass das Symbol immer wieder mit dem entsprechenden Objekt verbunden wird. Sozusagen gewohnheitsmäßig, als ständig wiederkehrende Aktivität. Inwieweit dieser Aktivität eine körperliche Verfestigung, etwa eine dauerhafte Verknüpfung im Gehirn, entspricht, ist dabei unerheblich. Sie ist aber durchaus möglich.
Nicht jede sich wiederholende Aktivität manifestiert sich physisch. Aber jedes physische Ding ist eine Manifestation sich wiederholender Aktivitäten.
Jedes Ding äußert sich in charakteristischen Aktivitäten. Immer wiederkehrend, konstituieren sie das Ding. Sie machen seine Erscheinungen aus, lassen es sich vervielfältigen. Die typischen Wirkungen, die diese Aktivitäten auf Anderes haben, zeigen die Existenz des verursachenden Dinges an.
Gibt es solche charakteristischen Wirkungen, immer wieder, ein wahrnehmbares Muster bildend, dann ist da ein Ding. Folgen diese Wirkungen bestimmten Regeln (von denen einige „physikalische Gesetze“ heißen), dann ist der Ursprung dieser Wirkungen ein physisches Objekt.
Es muss viel zusammenkommen, bevor wir von einem physischen Objekt sprechen. Doch wenn einmal feststeht, dass ein solches vorhanden ist, reichen uns in der Regel geringste Anzeichen, um es zu erkennen. Oft sind es ganz wenige Messwerte, die uns ein physisches Ding bestimmen lassen. Alle anderen sind dann sozusagen mitgegeben. Häufig lassen sie sich berechnen, ableiten aus den bekannten physikalischen Gesetzen. Diese bilden den Raum, der das Material liefert, das sich um den Kern aus vielleicht nur einem einzigen Messwert zu einem kompletten physischen Objekt formiert.
Unter einem Ding verstehen wir etwas, das stets als Ganzes auf einmal gegeben ist. Als solches erscheint es jedesmal, wenn es erscheint, in einem einzigen Moment. Und markiert so einen Punkt in seinem Raum.
Andererseits ist jedes Ding auch komplex, ausgedehnt, verstreut. Es bildet eine mehr oder weniger konstante Struktur im Raum — der dann aber ein anderer Raum ist, nicht der spezifische Raum dieses Dinges.
Jedes Ding hinterlässt seine Spuren (von denen einige charakteristische Strukturen bilden) in vielen Räumen. Jeder Aspekt eines Dinges ist mit einem spezifischen Raum verbunden. Und neue Aspekte lassen sich praktisch ohne Ende finden.
Wie wir ein Ding in seine verschiedenen Aspekte analysieren können, so können wir auch mehrere Aspekte zusammenfassen. Das Ding selbst ist sozusagen die Vereinigung all seiner Aspekte. Es zeigt diese jedoch nicht direkt; zusätzliche Aktivität ist nötig, die entsprechenden Räume müssen betreten werden, um Zugriff auf diese Aspekte zu bekommen.
Das Ding fasst verschiedene Aspekte seiner selbst zusammen und erzeugt so einen eigenen Raum. Jeder Punkt dieses Raums ist eine mögliche Erscheinung des Dinges. Jede Erscheinung ist die Spiegelung an einem anderen Ding. In diesen Spiegelungen — die als Übergang in den Raum des anderen Dinges dienen können — existiert das Ding.
Im Allgemeinen lassen sich aus der Fülle möglicher Erscheinungen eines Dinges eine Vielzahl verschiedener Existenzen desselben konstruieren.
Jede derartige Existenz ist die Erscheinung eines anderen Dinges, eine Spiegelung in dessen Raum. Dieser Raum wird gebildet aus den Existenzen vieler Dinge. All diese (individuellen) Existenzen existieren nur innerhalb dieses Raums; sie sind Erscheinungen des entsprechenden (gemeinschaftlichen) Dinges und können als Funktionen oder Verkörperungen dieser Gemeinschaft bezeichnet werden.
Die physischen Dinge existieren im physischen Raum. Diese ihre physische Existenz wird gestützt durch alle anderen physischen Existenzen, nur zusammen sind sie möglich. Doch kein Ding ist an sich abhängig von irgendeinem anderen. Nur seine physische Existenz, sein Erscheinen in der physischen Welt, ist eine Funktion dieser Welt.
Jede Existenz ist vollkommen eingewoben in ihren Kontext. Jedes Ding aber existiert völlig unabhängig von jeder seiner Existenzen.