Angesichts der zuvor erwähnten Vielzahl der Räume könnten wir geneigt sein, von verschiedenen Realitäten zu sprechen, und dass wir in einem Multiversum statt einem Universum leben. Aber Tatsache ist, dass für uns in jedem Moment jeweils nur ein Raum real sein kann. Und dieser Raum wird in keiner Weise als begrenzt erfahren. Er ist endlos. Also ist er das Ganze, der eine und einzige allumfassende Raum.
Doch schon im nächsten Moment ist er Geschichte geworden, eine begrenzte Auffassung, eine beschränkte Sichtweise. JETZT wo wir den Durchblick haben…
Beides ist real, beides lehrt die Erfahrung: dass die Realität eine einzige, allumfassende, ist — und dass es viele verschiedene Realitäten gibt.
Wir wählen hier bewusst eine Sichtweise, die scheinbar Widersprüchliches zusammenführt. Die so entstehende Einheit ist eine dynamische, sie schreitet voran. Schritt für Schritt, Stufe auf Stufe. Wodurch sie sich vervielfältigt und unweigerlich eine Vielheit erzeugt. Mit Widersprüchen — die nach einer neuen verbindenden Sichtweise schreien.
Ein Programm ist eine Repräsentation eines Raumes. Sozusagen der Raum auf den Punkt gebracht. Transportierbar und Reproduzierbar. Objektiv —
— die passende Umgebung vorausgesetzt.
Ein Raum ist die Gesamtheit der potenziellen Orte oder Zustände eines Dinges. Jeder derartige Punkt ist durch Bewegung erreichbar. In diesem Sinne repräsentiert er die entsprechende Bewegung. Während der Raum die Gesamtheit aller potenziellen Bewegungen repräsentiert. Bewegung aber ist die an den jeweiligen Raum gebundene, für ihn charakteristische Aktivität.
Der Siegeszug der Mechanik in den vergangenen Jahrhunderten machte es unvermeidlich: die ganze Welt wurde als einziger sturer Mechanismus gesehen — und diesem Ideal folgerichtig immer mehr angepasst.
Heute, im Zeitalter der Computer, könnte man sagen: das ganze Universum folgt einem Programm. Noch schlimmer! mögen wir geneigt sein zu sagen. Perfektion auf die Spitze getrieben, noch fremder, noch undurchschaubarer für den Normalsterblichen.
Doch auf den zweiten Blick zeigt sich, dass sich alles grundlegend ändert. Programme sind keine mechanischen Apparate.
Programme sind anders, sie haben eine ganz andere Qualität als mechanische Objekte, sozusagen eine weitere Dimension. Die Dimension des Wissens. Sie verkörpern Wissen. Sie sind Körper des Wissens.
Darüber hinaus sind sie auch viel deutlicher mit Aktivität verbunden, sie zeigen sich nur in der Anwendung. Auch so gesehen, als Körper der Aktivität, sprengen sie den vertrauten Rahmen des Dinglichen, verweisen auf die Räumlichkeit alles Seienden. Und können eine Vorstellung davon vermitteln, wie Räume miteinander kommunizieren.
Damit zwei Programme miteinander kommunizieren können, wird ein drittes gebraucht, das die beiden verbindet.
Die Kommunikation ist in der Regel eine partielle. Nicht jede Aktivität des einen Programms wird von dem anderen registriert. Teile des einen Programms interagieren mit Teilen des anderen, sie werden miteinander verbunden. Und bilden so ein neues Programm. Mit einem eigenen Raum.
Die Programm-Räume durchdringen einander. Dabei überlagern sie sich zu einem ganz eigenen Raum. Allerdings gibt es keine scharfe Abgrenzung zwischen den Räumen. Enthaltensein in einem schließt das Enthaltensein in einem anderen nicht aus. Doch natürlich gibt es vieles, was nur in einem der sich überlagernden Räume stattfindet. Jeder Raum ist auf seine Weise einzigartig.
Jeder Raum hat eine spezifische Struktur, das heißt, sein Inhalt ist auf bestimmte Weise angeordnet. Diese Anordnung kann auf ein irgendwie zugrundeliegendes Programm zurückgeführt werden, oder selbst als eine Art Programm angesehen werden, eine Regel, ein Muster, das sich in allem, was in diesem Raum stattfindet, entdecken lässt.
Die Struktur ist das, was zählt; das Programm ist nur eine mögliche Beschreibung dieser Erscheinung. Eine Beschreibung, die das Moment der Aktivität besonders betont. Und gleichzeitig einen Bezug zum Wissen herstellt.
„Struktur“ ist häufig besser, weil sie keinen irgendwie außenstehenden Schöpfer oder so etwas nahelegt, sie sagt nichts über ihre Herkunft. Aber wenn wir diesen Ausdruck gebrauchen, sollten wir darüber die enge Verknüpfung mit Aktivität und Wissen, wie sie im „Programm“ zum Ausdruck kommt, nicht vergessen. Sie ist wesentlich.