Grundlegendes

über Wissensräume kann hier fürs Erste natürlich nur angedeutet werden. Im Prinzip ist zwar alles ganz einfach, aber sicherlich werden immer neue Fragen auftauchen und nach neuen Antworten verlangen. So dass alles immer komplizierter zu werden droht. Nicht jede Information trägt jederzeit zur Erhellung bei, vieles verwirrt, wenn es gerade nicht angebracht ist.

Womit wir auch schon mittendrin sind, ohne es noch recht zu ahnen. Denn obige Feststellung ist keineswegs eine oberflächliche Plattitüde, sondern tatsächlich ein Grundgesetz des Wissens. Sozusagen ein logisches Prinzip.

Es kann Prinzip der Einfachheit genannt werden. Wissen muss einfach sein. Vereinfachung ist wesentliches Element jeder Gewinnung von Wissen. Erkenntnis muss einfache Formen finden. Nur diese können begriffen und effektiv benutzt werden.*(1)

Was uns zum nächsten Grundprinzip bringt, dem der Anwendung. Wissen, das nie benutzt wird, kann schlecht Wissen genannt werden. Damit es aber gebraucht werden kann, muss es reproduzierbar sein. Sein Gebrauch reproduziert es. Wissen vervielfältigt sich also.

Diese beiden Prinzipien beschreiben zwei gegenläufige Bewegungen, die manchmal zum Beispiel als Kontraktion und Expansion erscheinen mögen. Erstere führt zur Herausbildung von einfachen Dingen, Letztere aber zu deren Ausbreitung und Verteilung im Raum.

Wir haben also als konstituierende Merkmale von Wissen zwei grundsätzliche Kräfte oder Aktivitäten gefunden, die im Zusammenspiel Raum erzeugen und strukturieren.

Nicht schlecht für den Anfang.

Weitergehendes

Haben wir erst einmal eine Gesetzmäßigkeit gefunden, schauen wir, wo wir das neue Muster noch überall entdecken können. Unser Blick auf die Dinge verändert sich, wir sehen sie mit neuen Augen, in einem neuen Licht. Vieles kann plötzlich klarer werden, endlich einen Sinn ergeben.

Es versteht sich aber von selbst, dass das nicht ewig so weitergeht. Irgendwann erkennen wir die Begrenztheit auch der neuen Sichtweise. Die dann genau das geworden ist: eine (gar nicht mehr so neue) Sichtweise. Eine Brille, die durchaus auch mal abgenommen werden sollte.

Im Prinzip ist Wissen unendlich nutzbar. Es wird durch seine Anwendung nicht verbraucht. Sein Raum ist also grundsätzlich unbegrenzt. — Andererseits findet der Gebrauch von Wissen immer schon in einer Umgebung, einem Raum, statt. Anwendung ist Interaktion mit der Umgebung. Und nicht jede ist gleichermaßen gut geeignet. Dasselbe Wissen passt nicht überall. In diesem Sinne haben Wissensräume sehr wohl Grenzen.

Aber nicht von sich aus. Eine bestimmte Art zu sehen kann nichts sehen, was unsichtbar für sie ist. Eine beschränkte Erkenntnis umfasst nicht ihre eigenen Schranken. Deren Erkenntnis ist eine neue Erkenntnis.*(2)

Konfrontationen

Wissen ist immer ganz und allumfassend. Sowie etwas Neues entdeckt wird, gehört es auch schon dazu.

Andererseits zeigt gerade die Tatsache, dass immer wieder Neues entdeckt werden kann, dass alles Wissen irgendwie beschränkt ist.

Traditionell lösen wir diesen Widerspruch dadurch auf, dass wir von einem Fortschritt des Wissens ausgehen. Die Grenze des Wissens ist seine Frontlinie, die immer weiter ins Unbekannte verlagert wird. Das Wissen wächst dadurch kontinuierlich.

Dieser Ansatz hat etwas aggressiv Expansives. Widerstände müssen überwunden werden, der Kampf geht nie zu Ende, der Feind ist überall. Er zeigt sich nicht nur draußen, im noch nicht Bekannten, sondern auch im Innern lauert er und heißt dort Vergessen. Wie leicht kann sich das mühselig Gewonnene in nichts auflösen! Letztlich zeigt die Erfahrung, dass das nicht wirklich zu verhindern ist. Aber akzeptieren tun wir es deshalb noch lange nicht. Es ist einfach nur eine Schwäche. Und jede Schwäche kann und muss besiegt werden.*(3)

Nicht zuletzt diese Haltung hat dazu geführt, dass wir immer mehr Wissen angehäuft haben. Und die Methoden dafür immer weiter perfektioniert. Auch das Verschwinden von Wissen, das Vergessen, haben wir immer weiter zurück gedrängt. Etwa durch neue Medien, die es uns erlauben, Wissen in neuen Formen darzustellen und dauerhaft zu speichern.

Doch gerade auch durch deren Gebrauch zeigt sich ein ganz anderes Gesicht des Wissens. Es zeigt sich, dass Wissen viele Gesichter hat. Die keineswegs alle in dieselbe Richtung schauen. Und gerade das macht Wissen aus! Die Vielfalt, die verschiedenen Blickwinkel und Perspektiven. Erst zusammen zeichnen sie ein Bild, das kein einzelnes Bild je wiedergeben kann.

Das eigentliche Wissen ist das, was alles umfasst, das Ganze — und gerade deshalb gibt es kein einzelnes umfassendes Wissen, sondern einen grundsätzlichen echten Pluralismus. Mit Gegensätzen, die nicht wegzuwischen sind.

Unterschiede sind wesentlich für Wissen.

Wissenspartikel

Manchmal meinen wir mit “Wissen” das Ganze, etwa die Gesamtheit aller uns bekannten Daten, Modelle, Theorien, Gesetze und so weiter. Manchmal sprechen wir aber auch dann schon von “Wissen”, wenn wir nur einzelne Elemente daraus meinen. Die durchaus sehr klein sein können, punktuelle Fakten, Messwerte, wie zum Beispiel die Länge eines Stabes.

Analog zu physikalischen Begriffen sollten wir hier vielleicht von Körpern des Wissens im Raum des Wissens reden.

Der abstrakte physikalische Raum wird gern über die konkret erfahrbaren physikalischen Objekte definiert, als Inbegriff charakteristischer Eigenschaften derselben, insbesondere ihrer Ausdehnung. Wie steht’s dann aber mit den Objekten des Wissens? Besitzen sie etwas Vergleichbares, eine Art Länge womöglich, die zu einem entsprechenden Raum abstrahiert werden kann?

Nun, normalerweise scheinen wir dergleichen nicht wirklich zu brauchen. Fakten zumindest sollten doch wohl eher exakt, Messwerte möglichst präzise, Wahrheit nicht eventuell falsch sein. Jede derartige Ausdehnung würde nur verfälschen.*(4)

Auf der anderen Seite ist es jedoch gerade das Dazwischen, das zählt. Reine Fakten sind dürftige Fakten, eigentlich überhaupt keine. Für sich allein machen sie keinerlei Sinn. Sie müssen einen Körper bilden. Dieser Körper ist mehr als nur die bloßen Tatsachen. Er ist Wissen. Weit verbreitetes, wenn auch weitestgehend unbeweisbares Wissen. Dies ist die wahre Substanz jeden Körpers. Es gibt ihm Volumen, es ist räumlich, ausgedehnt.

So ist letztlich jedes Ding ausgedehnt, selbst der scheinbar infinitesimal allerkleinste Sachverhalt noch. Weil er Wissen ist.

Perspektiven

Noch der kleinste Punkt lässt sich aufspreizen, entfaltet sich zu einer ganzen Welt.

Und andersherum schrumpft bei entsprechender Perspektive der ganze große Raum mit allem Drum und Dran zu einem einzigen Punkt — wenn überhaupt noch was davon zu sehen ist.

Ganze Teile

Der umfassende Raum enthält alle Dinge. Er vereinigt auch alle möglichen Ansichten von sich, aus allen möglichen Perspektiven. Jede Ansicht gibt so gesehen nur einen Teil des Raums wieder.

Allerdings sieht die jeweilige Ansicht nicht selbst ihre Beschränktheit. Insofern muss sie sich als vollständig sehen, das Ganze erfassend — und erweist sich doch mit Sicherheit irgendwann als partiell.

Eine logische Konsequenz, die daraus zu ziehen ist, ist, dass es keinen prinzipiellen Unterschied gibt zwischen einem Teil-Raum und dem ganzen. Die Unvollständigkeit zeigt sich immer nur sozusagen von außen, aus einer anderen Perspektive — die wiederum nichts anderes als eine bestimmte Ansicht der Wirklichkeit bieten kann.

Hierarchie

Der alles umschließende unendliche Raum wird zu einem begrenzten, wenn er sozusagen von außen betrachtet wird. So verfestigt er sich zu einem Ding mit erkennbaren Eigenschaften, die ihn von anderen Dingen unterscheidet. Mit denen er sich den gemeinsamen allumfassenden einen Raum teilt

Da sich dieser Vorgang ständig wiederholt, mag die Vorstellung von ineinander verschachtelten immer größeren Räumen aufkommen. So dass eine allmähliche, wenn auch womöglich nie vollendete, Annäherung an den wahren Raum stattfinden könnte. Die Idee einer Hierarchie der Räume (bzw. der Dinge), die in der einen oder anderen Form weit verbreitet ist, mag so begründet werden.

Dabei stillschweigend vorausgesetzt wird jedoch die Existenz einer Ordnungsrelation — hier angedeutet durch die immer “größeren” Räume — die in allen möglichen Räumen besteht. Doch indem eine solche erkannt, also, wie oben gesagt, von “außen” betrachtet wird, verliert sie ihre uneingeschränkte fraglose Allgemeingültigkeit, weil in dem Moment auch Räume denkbar werden, die nicht diese Eigenschaft besitzen. Die Räume mit dieser Ordnungsrelation werden also Teil eines noch allgemeineren Raumes, in dem diese nicht in gleicher Weise gilt. Und der deshalb auch nicht “größer” genannt werden kann.

Augengläser

Wenn die Beschaffenheit des Raumes erkannt wird, dann kristallisiert sie zu einem Ding. Dieser Prozess ist durchaus umkehrbar: ein Ding kann sich zum unendlichen Raum weiten. Seine innere Struktur wird zur Struktur des Raums — so vollkommen, dass sie nicht mehr wahrgenommen werden kann. Erst wenn die Brille abgenommen wird, zeigt sich, wie sehr sie die ganze Wahrnehmung beeinträchtigt hat. Aber in Wahrheit ist jedes Abnehmen einer Brille das Aufsetzen einer anderen.

Jedes Ding kann als Brille dienen, durch die die Welt wahrgenommen und in ganz bestimmter Weise gefiltert wird. Und jede Wahrnehmung geschieht durch eine derartige Brille, ein Ding; Wahrnehmung ist Reflexion an einem Ding, Projektion auf ein Ding. Nur durch diesen Prozess kann etwas wahrgenommen und gewusst werden. Durch Übertragung auf und in ein anderes Medium.

Kristallisation

Ein Raum, dessen Struktur erkannt wird, wird zu einem speziellen, in gewisser Weise abgegrenzten Raum — und damit zu einem Ding im Raum. Auf diese Weise lassen sich womöglich beliebig viele Unter-Räume definieren und absondern, die, anders herum betrachtet, sich alle zum einen Raum des Wissens vereinigen. Dabei durchdringen sie einander, verlieren jede scharfe Abgrenzung gegeneinander.

Jedes Ding im Raum kann als verdinglichter (Unter)Raum angesehen werden. Und jeder (Unter)Raum ist ein entgrenztes Ding. Raum und Ding sind zwei verschiedene Aspekte ein und desselben. Dabei entspricht jedes Ding einem speziellen Raum und umgekehrt.

So kann jede Interaktion zwischen Dingen als Durchdringung oder Überlagerung ihrer Räume gelten. Und jede Erscheinung eines Dinges geht auf eine solche Interaktion zurück. Es spiegelt sich in einem anderen Ding und tritt so in Erscheinung. Was auch als Durchdringung und Beeinflussung seines Raums durch einen anderen verstanden werden kann.

Aus einem anderen Blickwinkel wird derselbe Vorgang vielleicht genau anders herum beobachtet, als Erscheinung des anderen Dinges. Statt von verschiedenen “Blickwinkeln” können wir auch von verschiedenen “Wissenräumen” reden, in denen jeweils ein anderes Ding erscheint. Dann markiert das Ding sozusagen den Übergang von einem Raum in einen anderen, eben weil es mal so und mal anders gesehen werden kann. Jedes Ding ist die Kristallisation verschiedener einander durchdringender Räume.

Zu anders

All das, was scheinbar nicht präsent — doch gleichwohl wirksam — ist, existiert nicht als konkretes Ding. Es ist irgendwo dazwischen, zwischen den Dingen. Es ist der Zwischenraum, seine Substanz. Es ist das, was den Raum ausmacht.

Als solches ist es ungreifbar — es sei denn, es wird zu einem Etwas, einem Ding. So können viele Dinge aus dem Raum hervortreten. Letztlich besteht Raum aus nichts anderem als irgendwelchen Dingen, die nur nicht gesehen werden können — im Moment. Vielleicht sind sie zu klein, zu groß, zu weit entfernt, zu nah dran, zu bekannt, zu fremd, zu viele …

Dennoch sind sie irgenwie da und beeinflussen die Dinge, die gesehen werden können. Deshalb geben wir ihnen einen Namen, als Ganzes. Hier, in diesem Kontext, nennen wir es “Raum”.*(5)

Integrierte Grenzen

Jedes Ding hat seinen Raum — und doch gibt es nur einen Raum, den Raum, denn dieser ist unendlich. Alles, was ist, ist Teil von ihm, ein Ding in ihm.

Dinge sind in gewisser Weise das Gegenteil vom Raum — ist jener offen und unendlich, so sind diese eher begrenzt und geschlossen. Insofern teilen sie ein Stück vom Raum ab. Und genau auf diese Weise ist der Raum doch irgendwie begrenzt: durch die Dinge. Durch sie kann er verlassen werden — und ein anderer betreten.

Das, was so betreten wird, ist der Raum des Dinges. Doch was zunächst als geschlossener Innenraum erscheint, erweist sich, einmal betreten, als der unendliche Raum selbst, das Universum. Denn von innen sind keine Grenzen zu erkennen.

Wo sind sie hin? — Nun, ganz einfach: sie sind wiederum in den Dingen dieses Raums verkörpert; und damit vollkommen integriert, ja, die eigentliche Substanz des Raums.

Weiter Raum

Dinge treten aus dem Raum hervor. Bislang zwar irgendwie unsichtbar, waren sie doch immer schon da. Dies soll sogar für den Fall gelten, dass ein Ding zum ersten Mal erscheint, also gerade erst entstanden ist.

Dafür muss der Begriff des Raums allerdings viel weiter gefasst werden, als normalerweise üblich. Und genau das tun wir; das ist unser Konzept.

Auf diese Weise wird der gewöhnliche dreidimensionale Raum zu einem Teil des Ganzen, zu einem Unterraum. Es gibt viele derartige Teilräume. So wird etwa vom Raum der Physik oder der Mathematik gesprochen, aber auch zum Beispiel vom sozialen Raum, von psychologischen, biologischen, ökologischen Räumen und so weiter.

Jeder dieser Räume entspricht einer bestimmten Betrachtungsweise, oft einer wissenschaftlichen, und kann “Wissensraum” genannt werden.

Das Ganze aber, die Vereinigung aller Räume, nennen wir den “Raum des Wissens” oder auch einfach nur “den Raum”.

Übergang

Jeder (Teil-)Raum kann einem Ding zugeordnet werden. Dabei kann der Raum eines Dinges auf die verschiedensten Weisen definiert werden. Ganz unterschiedliche Bilder können benutzt werden. Keins kann für sich allein alle möglichen Aspekte dieser Beziehung wiedergeben — denn alle möglichen Erklärungen müssen letztlich in ihrem Raum bleiben, einem notwendigerweise partiellen.

Es ist gerade die Vielzahl der verschiedenen Betrachtungweisen und die damit verbundene scheinbare Inkonsistenz, die einen lebendigen Eindruck vermitteln kann von dem, worauf es ankommt. Es handelt sich dabei um eine Art Bewegung, eine bestimmte Aktivität, die das Ding in den Raum übergehen lässt (und umgekehrt) und je nach Umgebung in den verschiedensten Formen vorkommen kann.

Der Raum eines Dinges

Dinge erscheinen in ihren Räumen. Die Erscheinungen eines Dinges machen seine Existenz aus, es besteht in seinen Erscheinungen.

Dabei kann es sich zum Beispiel um verschiedene Instanzen ein und desselben Dinges handeln, oder um verschiedene Zustände eines einzelnen Exemplares; aber auch die (Bestand-)Teile eines Dinges können als seine Erscheinungen gelten, oder einfach nur seine verschiedenen Seiten, die verschiedenen Ansichten, die es von ihm gibt.

All dies sind mögliche Erscheinungen eines Dinges. Sie alle konstituieren auf ihre Weise etwas, was wir den Raum des Dinges nennen können.

Messraum

Der Raum eines Messgerätes kann “Messraum” oder auch “Eigenschaftsraum” genannt werden. Alle anderen Objekte werden dort relativ zu dem Messgerät bestimmt, meist in Form von Messwerten einer für das Messgerät charakteristischen Eigenschaft.

An jedem Punkt seines Raumes nimmt das Messinstrument eine spezifische Gestalt an, wenn es mit dem zu messenden Objekt interagiert; in der Regel stellt es einen bestimmten Wert dar.

Durch diesen Wert, diese Gestalt, ist dieser Punkt des Raums definiert. Die Gesamtheit all dieser Punkte bildet den Raum dieses Messinstrumentes, den entsprechenden Mess- oder Eigenschaftsraum.

In diesem Sinne ist der gewöhnliche dreidimensionale Raum ein spezieller Messraum. Das entsprechende Messgerät ist traditionellerweise ein Maßtab, Lineal oder so.

Objektivität

Die herkömmliche Logik betrachtet die Dinge sozusagen von außen. Deshalb erscheinen sie als begrenzt und abgeschlossen. Sie werden zu Objekten.

Damit entspricht diese Logik dem herkömmlichen Ideal der Wissenschaften, der Objektivität, die zwar immer angestrebt wird, letzlich aber Idealisierung bleibt. Ist doch selbst die Wissenschaft gezwungen, immer wieder einzutauchen, sich mitten rein zu begeben, sich von anderem berühren zu lassen, dazu zu gehören, ohne jede Distanz.

Eigentlich ist es kein Problem, unsere eigene Verstricktheit in die Realität als unabdingbare Voraussetzung von Wissen zu akzeptieren. Wir müssen nur den Schritt in die Objektivität in unsere Rechnung mit einbeziehen, indem wir den Räumen Platz verschaffen. Sie gehören einfach zum Ding dazu. Der Raum steht für all das, was das Ding ohne ihn nicht leisten kann. Insbesondere die Interaktionen, die Kontakte nach außen. Es ist Raum, was sich mit anderen Räumen vermischt, sie durchdringt und von ihnen durchdrungen wird.

Auf diese Weise, mithilfe des Raums, gelingt es dem Ding, sich selbst hinter sich zu lassen, zu einem anderen zu werden. Und doch auch ganz es selbst zu bleiben, denn nur in der ständigen Erneuerung ist es. Sein Sein besteht so gesehen genau darin, sich von sich selbst zu distanzieren, sich durch die Augen eines anderen zu sehen.

Das ist der Kern jeder Existenz. Und Aktivität. Es ist das, was wir manchmal Zeit nennen. Aber noch vor jeder Normierung, ohne die künstliche Monotonie der Uhren. Ohne jede Kälte. Es ist Leben. Und dieses Leben ist Wissen. Reflexion ist elementar.

Verschiedene Räume

Dinge, die sich bewegen, ändern ihren Ort, während der Raum, der alle möglichen Orte umfasst, unverändert bleibt. Scheinbar veränderter Raum ist in Wirklichkeit zu einem ganz anderen geworden, es gibt eine Vielzahl verschiedener Räume.

So kann (jeder) Raum ewig als derselbe bestehen bleiben und unveränderliches Wissen, auf das wir uns verlassen können, darstellen.

Bewegung im Raum

Ein Raum ist die Gesamtheit der potenziellen Orte oder Zustände eines Dinges. Jeder derartige Punkt ist durch Bewegung erreichbar. In diesem Sinne repräsentiert er die entsprechende Bewegung. Während der Raum die Gesamtheit aller potenziellen Bewegungen repräsentiert. Bewegung aber ist die an den jeweiligen Raum gebundene, für ihn charakteristische Aktivität.

Raum-Programm

Jeder Raum ist in gewisser Weise mit einer Art Programm verbunden, das die für ihn charakteristischen Bewegungen bestimmt. Im Falle des traditionellen dreidimensionalen Raums könnten etwa die Gesetze der Mechanik als ein solches Programm angesehen werden.

So gesehen ist die ganze Physik letztlich nichts anderes als der Versuch einer Entschlüsselung des Programms des physischen Raums.

Programm-Struktur

Jeder Raum hat eine spezifische Struktur, das heißt, sein Inhalt ist auf bestimmte Weise angeordnet. Diese Anordnung kann auf ein irgendwie zugrundeliegendes Programm zurückgeführt werden, oder selbst als eine Art Programm angesehen werden, eine Regel, ein Muster, das sich in allem, was in diesem Raum stattfindet, entdecken lässt.

Die Struktur ist das, was zählt; das Programm ist nur eine mögliche Beschreibung dieser Erscheinung. Eine Beschreibung, die das Moment der Aktivität besonders betont. Und gleichzeitig einen Bezug zum Wissen herstellt.

“Struktur” ist häufig besser, weil sie keinen irgendwie außenstehenden Schöpfer oder so etwas nahelegt, sie sagt nichts über ihre Herkunft. Aber wenn wir diesen Ausdruck gebrauchen, sollten wir darüber die enge Verknüpfung mit Aktivität und Wissen, wie sie im “Programm” zum Ausdruck kommt, nicht vergessen. Sie ist wesentlich.

Auf einen Blick

Wenn wir eine zeitliche Abfolge von Zuständen, einen Prozess, als Ganzes erfassen und darstellen, dann kommen die Zustände nebeneinander zu liegen, sie bilden sozusagen eine räumliche Dimension.

Das ist der ganze Trick. So haben wir den ganzen Prozess auf einen Blick. Wir wissen, was geschieht, was geschehen ist und geschehen wird.

Die räumliche Anordnung ist Ausdruck des Wissens, Raum ist immer ein Raum des Wissens, und Wissen ist immer räumlich. Wissen ist die eigentliche Dimension (des Raums).

Konstruktion

Der dreidimensionale Raum, wie er uns so überaus vertraut ist, ist im Grunde eine sehr komplizierte Konstruktion unseres Verstandes, bedingt durch unsere Art der Wahrnehmung*(6). Seine scheinbare Einfachheit ist einfach nur ein Ausdruck unserer Vertrautheit mit ihm.

Wir müssen nichts bewusst konstruieren, sofern wir überhaupt in der Lage sind, uns normal zu verhalten. Das Programm, das diese Konstruktion leistet, ist insofern elementar, als es zur unentbehrlichen Grundausstattung gehört.

Es prägt nicht nur den Raum, sondern auch alles, was in ihm ist, also das ganze Universum.

Strukturiert

Die vertraute Dreidimensionalität ist eine mögliche Struktur des Raums. Viele andere sind möglich. Wobei der Ausdruck “möglich” hier verwirren kann, denn jede mögliche Struktur existiert auch. Unabhängig davon, ob sie im Moment realisiert ist oder nicht. Wie ein Programm, das unabhängig davon, dass es gerade aktiv ist — oder auch nicht — besteht.

Der Raum umfasst alle möglichen Strukturen, er bildet sozusagen den Rahmen, in dem sich die Strukturen enfalten. Allerdings ist er nie ohne jede Struktur.

In unserem System sind Strukturen grob gesagt irgendwo zwischen Raum und Ding anzusiedeln. Anders als jene sind sie flexibel und dynamisch.

Zusammenfassend

Wissen fasst zusammen, erfasst das Gemeinsame, macht es fest, macht es zu einem Etwas, einem Ding.

Dazu werden die verschiedenen Elemente zusammengeschoben. Was zunächst eine aufwändige Aktion sein kann, wird irgendwann zur Selbstverständlichkeit, zum Automatismus, zur spontanen Gleichzeitigkeit. So dass schließlich die verschiedenen Elemente unmittelbar nebeneinander zu liegen kommen.

Für alle anderen aber, die diesen Prozess nicht mitmachen, dieses Wissen nicht erwerben, ändert sich nichts an der ursprünglichen Anordnung.

So existieren verschiedene Räume (des Wissens) nebeneinander. Ohne dass sie aneinander grenzen.


*(1) Natürlich ist Wissen im Allgemeinen sehr komplex!
Hier aber soll besonders darauf hingewiesen werden, dass das nicht alles ist. Wenn Wissen nur immer noch komplexer wird, dann ist es irgendwann nicht mehr nachvollziehbar und damit wertlos. Dann müssen wieder einfache Formen gefunden werden, die die Sache begreifbar und anwendbar machen.
Dass sich daraus sehr schnell wieder komplizierte Gebäude errichten lassen, ist die andere Seite, die noch beleuchtet werden muss. Die (hier folgende) Reproduktion des Wissens ist als erster Ansatz gedacht, als das dabei wirksame Prinzip, die treibende Kraft.

*(2) Wie dem auch sei, im Allgemeinen sind wir viel mehr interessiert an der neuen weiten Perspektive und den sich dadurch eröffnenden Möglichkeiten, als an der Begrenztheit der alten. Wir erinnern uns kaum an sie, sobald sie vergangen ist.
Obwohl… wohin ist sie eigentlich gegangen? Existiert sie noch irgendwo? Und was ist mit all den endlosen Räumen? Und dem Wissen — dem zurückgelassen — wie auch dem noch nicht erreichten…
Wen kümmert’s?

*(3) Das ist geradezu ein Naturgesetz. So läuft das nun einmal. Nur das Stärkste, das am besten Geeignete, wird überleben. Das gilt auch — und ganz besonders sogar — fürs Wissen. Schließlich muss echtes Wissen wahr sein. Es gibt nur ein Wissen, das wahre. Wissen kann nie falsch sein. Was sich als falsch erwiesen hat, war letztlich kein Wissen. Echtes Wissen duldet kein anderes neben sich. Alles andere, was nicht mit unserem fundierten Wissen übereinstimmt, ist nur Illusion, selbst wenn andere es zu wissen glauben. Was aber wahr ist, gehört automatisch dazu.

*(4) Was übrigens im Allgemeinen auch für physikalische Objekte gilt. In der Mechanik zum Beispiel ignorieren wir gewöhnlich alle möglichen oder tatsächlichen Ausdehnungen und behandeln die Körper als bloße Punktmassen. Ihre Bewegungen sind Übergänge zwischen verschiedenen Orten, den Punkten des Raums.
So gesehen sind die physikalischen Objekte für die Physik eigentlich nichts anderes als Objekte des Wissens. Wirklich nachweisbar existieren sie nur in ihren beobachtbaren, insbesondere messbaren, Erscheinungen. Das sind die Fakten. Der Rest ist Interpretation. Sicherlich wissen wir, dass sie auch dazwischen existieren. Die Erfahrung bestätigt uns das immer wieder. Aber was tatsächlich zählt, sind allein die Fakten, die Daten, die Wissenspartikel.

*(5) Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es auch das ist, was wir “Wissen” nennen. Und “Aktivität”. Und natürlich “Ding(e)”.

*(6) vor allem mit den Augen