Wahrheit und Wissen

Der Raum des Wissens ermöglicht und erfordert eine neue Logik, eine Logik des Wissens. Traditionelle Logik beschäftigt sich dagegen mit Wahrheit, insbesondere mit Wahrheitswerten, also im Allgemeinen Wahr und Falsch. Für diese gilt, dass sie sich gegenseitig ausschließen: was wahr ist, kann nicht falsch sein, und umgekehrt.

Für Wissen gilt das nicht in gleicher Weise. Es kennt ein viel breiteres Spektrum an möglichen Ausgestaltungen, die, selbst wenn sie sich teilweise widersprechen, nebeneinander existieren können. Gerade dieses Nebeneinander ist wichtig, es konstituiert ein Spannungsfeld, ein Geflecht von Relationen, die erst das ausmachen, was “Wissen” genannt werden kann. So ist Wissen in all seinen möglichen Ausprägungen ausgedehnt und voller innerer Spannung. Jede dieser Erscheinungsformen aber vereinigt sich wiederum mit anderen zu immer neuen Gestalten des Wissens.

Reduktion

Der herkömmlichen Logik und der darauf basierenden Wissenschaft fehlt weitestgehend die Fähigkeit, dynamische Inhalte adäquat wiederzugeben. Sie ist zu starr. Sie baut auf immer gleich bleibende Verhältnisse. Neues wird nur hinzugefügt, aber nicht durch Wandlung des Alten erzeugt. Grundsätzliche Veränderungen würden dem Ganzen den Boden entziehen.

Um dies zu vermeiden, wurden die Grundlagen immer weiter abstrahiert und miniaturisiert, zu kleinsten Bausteinen und allgemeinsten Regeln. Aus diesen kann alles Mögliche konstruiert werden. Allerdings ist der Weg von den elementaren Voraussetzungen bis zum realen Ergebnis dadurch unüberschaubar lang und komplex geworden.

In der Praxis geht niemand den ganzen Weg. Für einzelne Zwecke gibt es eigene Modelle. Diese sollten zwar im Prinzip auf die allgemein anerkannten Fundamente zurückzuführen sein, was aber eigentlich in keinem Fall tatsächlich praktikabel ist. Letztlich kommt es nur darauf an, die für den jeweiligen Zweck geeigneten Methoden zu finden und zu etablieren.

Das Problem ist, dass diese gängige — und einzig realistische — Praxis theoretisch nicht wirklich fundiert ist. Dadurch fehlt die Möglichkeit, darüber allgemein verbindlich zu kommunizieren. Es fehlt der größere Bereiche abdeckende sichere Plan.

Der Akt des Wissens

Wissen fasst verschiedene Dinge zusammen — und macht daraus eins.

Wissen stellt fest, dass die Dinge sich so und so zueinander verhalten. Es gibt eine gewisse Regel in diesem Verhalten, eine konstante Beziehung. Genau dies, was regelmäßig geschieht, sich also in immer derselben Weise wiederholt, ist das, was feststeht, das neue Ding des Wissens. Indem es sich auf diese Weise herauskristallisiert hat, ist es begreifbar geworden, handhabbar. Das macht es zum Gewinn an Wissen.

Das, was wir hier beschrieben haben, ist der Kernprozess, der Wissen ausmacht, es konstituiert. Wir sollten ihn uns häufiger vor Augen führen, rekapitulieren, verinnerlichen. Nur so können wir ihn wirklich verstehen.

Es ist besonders wichtig zu begreifen, dass es sich um einen Prozess handelt, dass also etwas geschieht, eine Veränderung. Aktivität findet statt. Ohne diese gäbe es kein Begreifen, kein Wissen. Denn in dieser Aktivität bringen wir das, was ursprünglich nichts miteinander zu tun zu haben schien, zusammen. Es findet ein Übergang statt. Und nur, wenn dieser Übergang zur unumstößlichen Gewohnheit geworden ist, steht die sich darin darstellende Beziehung fest. Sie wiederholt sich von nun an ganz von selbst. Es ist jetzt zweifelsfrei klar, dass diese Dinge genau in dieser Weise zusammengehören — und in diesem Sinn eins sind.

Dynamische Strukturen

Der Akt des Wissens (wie zuvor beschrieben) ist zentral und fundamental und hat Auswirkungen auf alles, was auf ihm aufbaut. Er prägt die Struktur von Wissen, macht sie grundsätzlich dynamisch.

Wie ist das zu verstehen? Heißt das, dass es keine feste Struktur gibt, sondern sich hier alles ständig verändert?

Nun, zunächst geht es nur darum, dass die einzelnen Elemente jeder Struktur aus Aktivität hervorgehen und gewissermaßen in ihrem Innersten Aktivität sind.

Doch wir haben noch mehr festgestellt, nämlich dass auch immer schon eine räumlich strukturelle Komponente vorhanden ist, ein Geflecht von Beziehungen etwa und eine innere Spannung. Wir können den Akt des Wissens deshalb auch so beschreiben, dass eine räumliche Struktur verdichtet und vereinfacht wird zu einem Ding.

Da dieses Ding aber nur dann real ist, wenn es eine immer wieder zu beobachtende Regelmäßigkeit darstellt, wenn es sich also vervielfältigt, erzeugt es selbst wieder eine ganz eigene Struktur, die gebildet wird aus seinen Erscheinungen. So gesehen ist der zentrale Akt des Wissens der Übergang von einer Struktur in eine andere.

Aktivität ist also keineswegs nur eingeschlossen in den Elementen, aus denen die Strukturen des Wissens gebildet werden, sondern dieselbe Aktivität ist eigentlich nichts anderes als die Verformung oder Umgestaltung der Strukturen selbst.

Die eigentlichen Bestandteile der Strukturen sind ihre Veränderungen!

Ein Ding

Die zuvor erwähnten elementaren Bestandteile der Strukturen des Wissens sind genau das, was wir andernorts Objekte oder Körper oder Partikel des Wissens genannt haben. Heutzutage denken wir dabei womöglich am ehesten an Daten, aber jede andere Erscheinungsform von Wissen (oder, wie wir auch manchmal sagen, Information) fällt genauso darunter. Sie muss einfach nur reproduzierbar und immer in der gleichen Weise anwendbar sein, so dass sie sozusagen immer dieselbe Bedeutung hat. Wie etwa eine mathematische Formel. Oder die Beschreibung einer Pflanze. Das heißt, dass diese Elemente oder Objekte oder Dinge durchaus verschiedene Formen aufweisen können, einige sogar sehr komplexe. Dennoch ist jedes von ihnen in gewisser Weise ein Ding. “Ein” heißt nichts anderes als dass es als Ganzes vervielfältigt werden kann, Eins ist die Basis jeder Vielheit. Und so gesehen ist jedes derartige Ding — trotz aller möglichen Komplexität — einfach. Das ist keine Magie, sondern bloße Logik.

Konstanz

Der Akt des Wissens findet immer schon in einem nicht leeren Raum statt, jede Suche nach Erkenntnis versucht ein stabiles Muster zu entdecken — in einer schon vorhanden Struktur. Selbst das Muster ist in gewisser Weise bereits vorhanden.

Dennoch wird etwas erzeugt: die Hervorhebung des Neuen ist Veränderung des Bestehenden. Aus dem Muster wird ein Ding, das es so noch nicht gegeben hat. Es verdichtet sich, wird konkret, begreifbar. Dadurch entsteht etwas Neues, das mehr ist als nur ein neues Arrangement. Das Wesentliche daran ist nämlich das Erzeugen desselben, was nicht ein für alle mal geschieht, sondern immer wieder neu, immer wenn das neue Ding erscheint. Nur weil es gewohnheitsmäßig oder automatisch passiert, heißt das nicht, dass keine Aktivität nötig ist.

Definition

Wo Wissen ist, ist auch Aktivität. Nur so kann es in Erscheinung treten. Es äußert sich in Aktivität. Dabei ist es das, was der Aktivität Form gibt.

Auf dieser Basis lässt sich vielleicht die allgemeinste Definition des Begriffs des Wissens geben, sozusagen als Gegenstück zur Aktivität. Wenn diese für Veränderung steht, dann ist Wissen also das Gleichbleibende und Beständige.

Unberührtheit

Die vorausgegangene Definition von Wissen entspricht der allgemein verbreiteten Vorstellung, dass zum Beispiel die Naturgesetze von universeller zeitloser Gültigkeit sind. Und nicht nur die Gesetze, auch die darin vorkommenden Begriffe beziehungsweise die durch sie ausgedrückten Ideen oder Vorstellungen. Eine Aussage, die für wahr gehalten wurde, mag sich als falsch erweisen, doch die Idee der Wahrheit als solche bleibt davon unberührt. Der Wert einer bestimmten Größe kann sich ändern, nicht jedoch die jeweilige Zahl selbst, also etwa die Drei, oder das, wofür sie steht, ihre Bedeutung, die Idee der Drei.

Und so können wir feststellen, dass wir uns immer schon auf die Konstanz bestimmter Elemente unserer Theorien und Wissenschaften verlassen, dass all unsere Systeme, auch die der Mathematik und Logik, auf dieser Konstanz geistiger Entitäten beruhen. So gesehen hat unsere Definition das einfach nur deutlich herausgestellt und der Konstanz einen Namen gegeben. Wir nennen sie jetzt “Wissen” — was sicherlich nicht allzu weit hergeholt ist.

Verbundenheit

Wenn jeder einzelne von uns die Naturgesetze auch erst lernen muss — und wieder vergessen kann — so sind diese selbst doch vollkommen zeitlos. Sie existieren sozusagen unabhängig davon, ob wir sie kennen und sehen oder nicht. Sie können in unseren Fokus geraten — und wieder daraus verschwinden. Sie selbst verändern sich dabei jedoch in keiner Weise.

Und so steht es mit allen Dingen, die nur in unserem Verstand oder Geist oder so existieren, also allen Begriffen, Vorstellungen und so weiter. Sie sind keinen zeitlichen und dergleichen Beschränkungen unterworfen, wie sie so typisch sind für physikalisch reale Dinge. Diese Freiheit macht sie einerseits ewig und unantastbar, anderseits aber auch zur reinen Fiktion ohne jede Substanz. Was ihnen fehlt, ist gerade die Wechselwirkung mit der realen materiellen Welt, weshalb sie auch nie nachweisbar sein können.

So jedenfalls werden sie häufig gesehen.

Wir sagen hier jedoch, dass diese scheinbar völlig unabhängig existierende (und so gesehen eigentlich nicht wirklich existierende) Welt des Wissens immer auch mit Aktivität verbunden ist — und auf diese Weise mit allem anderen, durch wechselseitige Beeinflussungen. Denn selbst Wissen kann nicht ohne Aktivität sein. Und das nicht etwa trotz seiner Unbeweglichkeit, sondern gerade wegen ihr. Aktivität ist die Ergänzung zu Wissen, eine logische Notwendigkeit. Um eins zu haben, müssen wir auch das andere nehmen.

Ecksteine

Wissen und Aktivität sind essentielle Bestandteile oder Kennzeichen eines größeren Ganzen, nämlich des hier beschriebenen logischen Systems. Deshalb können sie nicht isoliert betrachtet werden. Sie erhalten ihre Bedeutung erst durch das Ganze und durch ihre Beziehungen untereinander und zu anderen ähnlich fundamentalen Begriffen.

Vor allem Ding und Raum. Diese stehen sich in gewisser Weise ebenso diametral gegenüber wie Wissen und Aktivität. Raum ist sozusagen im Extrem das Gegenteil vom Ding, das was zwischen den Dingen ist und sie voneinander trennt. Doch natürlich ist jedes Ding selbst irgendwie räumlich. Und der Raum ist letztlich ein Ding — welches Wissen repräsentiert — und durch Aktivität entsteht.

Diese Begriffe gehören zusammen, sie sind vier Ecken ein und derselben Figur.

Pyramide

Wissen, Aktivität, Ding und Raum bilden die Basis unseres Systems, ein Quadrat. Alle vier Ecken sind miteinander verbunden: so ergibt sich durch die Kreuzung der Diagonalen die Form eines X. Dies ist ein anschaulicher Grund dafür, das System “X-Logik” zu nennen.

Der Schnittpunkt der Diagonalen, der Mittelpunkt des Vierecks, könnte als Symbol für die Vereinigung angesehen werden, also für das Ganze, das den Teilen erst ihren eigentlichen Sinn gibt. Er ist mit allen Eckpunkten verbunden. Allerdings ist er selbst keine Ecke, er hat keinen Kontakt zur Außenwelt — und unterbricht in gewisser Weise die direkte Beziehung diagonal gegenüberliegender Punkte.

Sinnvoller ist es daher, wenn wir zur Darstellung des Ganzen, der Einheit, uns aus der Ebene heraus bewegen und eine Pyramide errichten. Die ursprüngliche flache Figur kann dann als zweidimensionale Projektion angesehen werden. Die vor allem dann zum Einsatz kommt, wenn zur Darstellung nur eine Fläche zur Verfügung steht.

Das aussagekräftigere Symbol aber ist die Pyramide. Es ist ein anschauliches Modell des hier beschriebenen Systems der X-Logik.

Erhebung

Die Pyramide kann ganz allgemein als Symbol für Vereinigung dienen: die Menge der Punkte, die die Grundfläche bilden, geht über in den einen Punkt an der Spitze. Diese Art von Umformung ist von grundätzlicher Bedeutung für Wissen.

Sie ist Teil dessen, was wir den “Akt des Wissens” nannten. Ein bestimmtes Muster kristallisiert zu einer Einheit, die sich als Ganzes vervielfältigt — und so eine neue Ebene oder einen neuen Raum des Wissens begründet.

Auch diese Bewegung in eine neue Dimension bringt die Pyramidenform sehr schön zum Ausdruck.

Abstraktion

Wissen erfasst Relationen zwischen Dingen. Dafür müssen diese in gewisser Weise gleichzeitig präsent sein, nebeneinander, überschaubar. Das gilt auch dann, wenn sie in Wirklichkeit durch unendlich große Distanzen voneinander getrennt sind. Ja selbst für Ereignisse, die zu verschiedenen Zeiten stattfinden. Für Wissen ist das kein Hindernis. Es überwindet Zeiten und Entfernungen, zieht zusammen, lässt Überflüssiges weg und bringt das Wichtige auf den Punkt.

Dieser Vorgang, der oft “Abstraktion” genannt wird, scheint in Bereiche zu führen, die jenseits jeder physischen Realität liegen. Doch diese Vorstellung ist selbst nur eine Abstraktion, ein Bild, das einen bestimmten Prozess anschaulich machen kann, indem es eine für wesentlich gehaltene Eigenschaft desselben deutlich hervorhebt und markant illustriert. So ist hier, in diesem Fall, die Idee absoluter Immaterialität von der Freiheit abgeleitet, die jedem Wissen zu eigen ist, weil es nicht die harte und schwere Materie selbst ist, sondern sozusagen ein Abbild derselben.

Doch letztlich ist jedes Bild, ist jede Darstellung, jede Form von Wissen selbst wieder gebunden an ganz eigene Beschränkungen, die nicht weniger real sind als jene des Dargestellten. Sie sind nur anders — und deshalb fallen viele der ursprünglichen weg.

Manches muss allerdings bleiben, eine gewisse Übereinstimmung muss vorhanden sein. Es muss die Möglichkeit bestehen, beides, also Bild und Original, als dasselbe gelten zu lassen. Das Bild eines Hauses muss genug Gemeinsamkeiten mit dem Dargestellten haben, um selbst “Haus” genannt werden zu können (“Dies ist unser Haus”). Insofern muss es Haus sein.

Grundfigur

Im Grunde haben wir mit der Erläuterung des Begriffs der Abstraktion nur wieder genau das von einer anderen Seite beleuchtet, was wir zuvor “Akt des Wissens” genannt haben. Alles Wissen ist in gewisser Weise Abstraktion. Oder auch, allgemeiner gesagt, Darstellung. Immer geht es um eine Art Extraktion des als wesentlich Erachteten und dessen Projektion auf eine andere Ebene, in einen anderen Raum, in eine andere Dimension. Was, wie wir gezeigt haben, als Pyramide illustriert werden kann.

Eine andere Möglichkeit der Erzeugung von Wissen wird “Wahrnehmung” genannt. Und auch diese kann gut mit nahezu denselben Worten beschrieben werden, so dass dasselbe Muster erkennbar wird — sozusagen die Grundfigur des Wissens.

Betrachtungsweise

Diese X-Logik kann nicht das ultimative System sein, das alles Wissen umfasst — nicht mal prinzipiell. Ganz einfach weil es so etwas nicht gibt. Jedes Bild, jedes Modell, jedes System ist partiell oder einseitig.

Wenn wir ein bestimmtes Modell gebrauchen, dann versuchen wir, es unter den jeweiligen Bedingungen zu realisieren. Das, was dabei herauskommt, sollte also immer dasselbe sein; wir vervielfältigen es.

Doch so wird dieser Vorgang sozusagen nur von außen gesehen. Von innen heraus, während seiner Anwendung, kann das Modell selbst gar nicht festgestellt werden. Es ist quasi unsichtbar, ununterscheidbar, weil es überall ist und allem seine spezielle Prägung verleiht. Das was — gerade auch durch das Modell — gesehen werden kann, ist vielmehr eine Vielgestaltigkeit der Dinge und ihrer Beziehungen zueinander.

Es gibt immer verschiedene Betrachtungsweisen. Die ein Ding ganz anders erscheinen lassen können. So sehr, dass es nicht mal mehr dasselbe Ding (oder eine Instanz oder Kopie desselben) genannt werden darf. Letztlich muss es überhaupt nichts Entsprechendes geben, keine Regelmäßigkeit, die sich zu einem Ding zusammenfügt oder so. Womöglich ist da offensichtlich gar nichts.

Perspektiven

Noch der kleinste Punkt lässt sich aufspreizen, entfaltet sich zu einer ganzen Welt.

Und andersherum schrumpft bei entsprechender Perspektive der ganze große Raum mit allem Drum und Dran zu einem einzigen Punkt — wenn überhaupt noch was davon zu sehen ist.

Einschränkung

Selbst die Materie ist den Gesetzen der Logik unterworfen. Doch das heißt keineswegs, dass sich das tatsächliche Geschehen rein logisch ableiten ließe. Nicht mal theoretisch. Denn die Theorie der X-Logik kennt weder absolut elementare Grundbausteine noch absolute all-umfassende Pläne. Es gibt also nicht das eine System für alles, ebenso wenig wie geschlossene Teil-Systeme ohne Intervention von außen.

Letztlich kann gerade dieses Wissen dabei helfen, unsere Systeme robuster und praktikabler werden zu lassen. Einerseits verlassen wir uns nicht auf die trügerische Sicherheit absoluter Begründung, und andererseits verlieren wir uns nicht in endlosen Ketten derselben.

Mehr

Es gibt immer noch mehr. Keine Darstellung, keine Abbildung, kein Modell, keine Theorie kann alles erfassen. Dieser Grundsatz ist so elementar, dass er “logisch” zu nennen ist.

So kann kein System, mag es auch aus noch so wenigen Axiomen und einfachsten Regeln konstruiert sein, mit wirklich nichts anfangen, sondern muss immer schon unendlich viel voraussetzen. Was das im Einzelnen ist, kann nie angegeben werden.

Jede vermeintliche Leere muss erzeugt und bewahrt werden; schützende Hüllen, die größtmögliche Isolation gewähren, sind real und haben fundamentalen Einfluss auf alles, was in ihnen geschieht — sonst würden sie nicht gebraucht.

Selbst die Welt des Geistes ist nicht vollkommen anders, sondern durch und durch mit dem materiellen Leben verwoben.

Zu anders

All das, was scheinbar nicht präsent — doch gleichwohl wirksam — ist, existiert nicht als konkretes Ding. Es ist irgendwo dazwischen, zwischen den Dingen. Es ist der Zwischenraum, seine Substanz. Es ist das, was den Raum ausmacht.

Als solches ist es ungreifbar — es sei denn, es wird zu einem Etwas, einem Ding. So können viele Dinge aus dem Raum hervortreten. Letztlich besteht Raum aus nichts anderem als irgendwelchen Dingen, die nur nicht gesehen werden können — im Moment. Vielleicht sind sie zu klein, zu groß, zu weit entfernt, zu nah dran, zu bekannt, zu fremd, zu viele …

Dennoch sind sie irgenwie da und beeinflussen die Dinge, die gesehen werden können. Deshalb geben wir ihnen einen Namen, als Ganzes. Hier, in diesem Kontext, nennen wir es “Raum”.*(1)

Unterwegs verloren

Wissenschaft ist nicht nur Theorie, sondern auch Praxis; und als solche bleibt sie immer ganz nah an der Wirklichkeit und am Erleben. Der theoretische Teil jedoch ist ständig in Gefahr, den Kontakt zu verlieren.

Zum Beispiel wenn versucht wird, die Idee eines einzigen allumfassenden Systems zu realisieren, das aus wenigen einfachen Grundbausteinen bestehen soll: früher oder später ufert dessen Komplexität unweigerlich aus. Endlos aneinandergereihte Folgerungen führen zu keinem konkreten Ergebnis. Die Wahrheit, die durch sie garantiert und verwirklicht werden sollte, geht unterwegs verloren. Denn sie kann die Szene nur durch den anderen Eingang betreten, durch die Erfahrung der Wirklichkeit.

Existenz braucht keine Rechtfertigung. Sie erscheint. Jenseits jeder Begründung und Beschreibung. Aber sicherlich nicht ohne Grund und die geeigneten Umstände. Nicht außerhalb ihres Raumes, wie wir sagen wollen.

Integrierte Grenzen

Jedes Ding hat seinen Raum — und doch gibt es nur einen Raum, den Raum, denn dieser ist unendlich. Alles, was ist, ist Teil von ihm, ein Ding in ihm.

Dinge sind in gewisser Weise das Gegenteil vom Raum — ist jener offen und unendlich, so sind diese eher begrenzt und geschlossen. Insofern teilen sie ein Stück vom Raum ab. Und genau auf diese Weise ist der Raum doch irgendwie begrenzt: durch die Dinge. Durch sie kann er verlassen werden — und ein anderer betreten.

Das, was so betreten wird, ist der Raum des Dinges. Doch was zunächst als geschlossener Innenraum erscheint, erweist sich, einmal betreten, als der unendliche Raum selbst, das Universum. Denn von innen sind keine Grenzen zu erkennen.

Wo sind sie hin? — Nun, ganz einfach: sie sind wiederum in den Dingen dieses Raums verkörpert; und damit vollkommen integriert, ja, die eigentliche Substanz des Raums.

Abstrakte Objekte

Spätestens seit den Entdeckungen der Mechanik ist es in der Physik (und anderen Wissenschaften) üblich, alles Geschehen auf interne Kräfte zurückzuführen. Alles, was irgendwie wirksam ist, ist in den beobachtbaren Dingen verkörpert.

Modernere Entwicklungen wie etwa die Relativitätstheorie(n) können so interpretiert werden, dass sie diese Sichtweise verlassen und das Augenmerk viel mehr auf sogenannte “Felder” und derartiges richten. Das kann so weit gehen, dass physikalische Objekte nur noch als spezielle Zustände einer Art Raum angesehen werden.

Logisch ändert sich für uns dadurch allerdings grundsätzlich nichts. Denn was immer an die Stelle der traditionellen physikalischen Objekte tritt: es muss sich dabei im Sinne der X-Logik um Dinge handeln, egal ob wir sie “Räume”, “Felder” oder sonstwie nennen. Selbst wenn vollständig auf materielle Deutungen verzichtet wird und nur noch von mathematischen Objekten wie etwa “Tensoren” die Rede ist. Ja, sogar die physikalischen Gesetze selbst sind derartige Dinge. Mit den entsprechenden Räumen.

Rein und raus

Wir haben früher schon eine Art Bewegung angedeutet, die als Eindringen in ein Ding oder dessen Analyse beschrieben werden kann. Wenn wir uns einem Ding immer mehr nähern, erkennen wir womöglich so etwas wie eine interne Struktur oder gar ein regelrechtes Innenleben voller Aktivität. Vielleicht entdecken wir gewisse Regelmäßigkeiten, einen Plan, nach dem alles aufgebaut ist, oder ein Programm, das alles steuert.

Doch je mehr wir alles vergrößern, also je tiefer wir eindringen, desto mehr verlieren wir den Blick für das Ganze. Stattdessen befinden wir uns mitten drin im unendlichen Raum, umgeben von den vielfältigsten Dingen, mit ihnen interagierend.

Von hier ausgehend, können wir jetzt sozusagen den umgekehrten Weg beschreiten: wir können in dem geschäftigen Treiben um uns herum Muster erkennen, Regelmäßigkeiten, vielleicht sogar Gesetze. Womöglich wird ein Plan sichtbar, nach dem alles funktioniert, der allem zugrunde liegt. Doch indem wir das Ganze als Ganzes erfassen, erkennen wir schließlich, dass es nur eines unter vielen ist, ein Ding.

Wurzeln

In der X-Logik geht es um ganz einfache Grundprinzipien des Denkens und Wissens. Wir halten sie für elementar. Sie finden sich überall, in allen Bereichen des Lebens und der Materie und so.

Das mag so erklärt werden, dass alles, was wir über die Welt wissen können, genau das ist: Wissen. Selbst jede noch so unmittelbare Erfahrung ist schon irgendwie verinnerlicht und dabei womöglich durch irgendeine Art Filter gegangen.

Aber andererseits wäre es auch möglich, dass die Prinzipien der X-Logik sich deshalb im Mentalen finden lassen, weil dieses sie sozusagen geerbt hat von seinen materiellen Wurzeln. Dabei mag an Strukturen und Funktionsweisen des Gehirns gedacht, aber auch noch tiefer, etwa auf einer sogenannten “Quanten-Ebene”, gesucht werden.

Doch eigentlich müssen allgemeingültige logische Prinzipien nicht auf irgendwelche Ursachen zurückgeführt werden. Sie können vielmehr selbst als Grundlage dienen, etwa für die Beschreibung und Erklärung sowohl materieller als auch mentaler Phänomene.

Logik der Liebe

Die X-Logik beschreibt, wie Verschiedenes zu einem Ganzen verschmilzt, das sich vervielfältigt. Dies ist ein Prinzip, das dem Biologischen entnommen sein könnte, weil es vielleicht am deutlichsten in der Fortpflanzung des Lebens realisiert ist, insbesondere in geschlechtlicher Vermehrung. Doch es findet sich überall, auch im Kern der Materie zum Beispiel. Es kann das Prinzip der Zwei, der Paarung, genannt werden.

Die Logik des Wissens ist eine Logik der schöpferischen Vereinigung. Der zentrale Akt des Wissens ist ein Akt der Liebe.

Unverzichtbare Wiederholung

Dinge erscheinen immer wieder. Das ist einfach so. Eine tiefergehende Begründung können wir nicht geben. Wir könnten einfach nicht von “Dingen” sprechen, ja, es wäre gar nichts da, wenn es keine derartige Konstanz und Beständigkeit ihrer Erscheinungen gäbe. Nur durch wiederholtes In-Erscheinung-Treten kann überhaupt irgendetwas irgendwie identifiziert werden; es ist also logisch unverzichtbar.

Genauso gut können wir das Ganze auch anders herum angehen und sagen, dass wir, eben weil sich bestimmte Erfahrungen immer wiederholen, zu dem Schluss kommen, dass etwas da sein muss, ein Ding, mit dem wir interagieren.

Ohne eine gewisse Gleichförmigkeit in unseren Wahrnehmungen und Gedanken könnten wir weder etwas wahrnehmen noch etwas wissen. Ohne sie gäbe es gar keine Wahrnehmung und kein Wissen. Da wäre nichts — wenn überhaupt…

Normale Verteilung

Es ist von entscheidender Bedeutung, zu verstehen, dass Ausbreitung und Wiederholung elementare Momente alles Seienden sind. Sie bezeichnen sozusagen den Grundzustand, aus dem sich alle anderen irgendwie ableiten lassen, als Spezialfälle, die unter besonderen Bedingungen auftreten.

Das widerspricht durchaus dem gewohnten Ansatz, der allgemein von isolierten statischen Einheiten ausgeht — ohne sich zum Beispiel Gedanken darüber zu machen, wie denn jene Objekte unserer Wahrnehmung und unserem Wissen zugänglich sein sollten, wenn sie tatsächlich so unbeweglich und abgeschlossen wären.

Begrenzte Sichtweise

Die allgemein verbreitete herrschende Logik basiert ganz entscheidend auf der Voraussetzung, dass der Raum eines Dinges begrenzt ist. Seiner Ausdehnung und Ausbreitung sind Grenzen gesetzt, und zwar durch die Existenz anderer.

Die Dinge stoßen aneinander, sie verdrängen sich gegenseitig.

Dies ist die Logik der Festkörper, der Mechanik. Es ist die Logik der abgegrenzten Territorien, des Besitzens, des Eroberns und Verteidigens, der kriegerischen Auseinandersetzungen — ebenso wie auf der anderen Seite der freundschaftlichen Begegnungen und sanften Berührungen.

Es ist die Logik der Grenzen und des Einzelnen. Entweder dies oder das; oder gar nichts; auf keinen Fall aber beides. Die Logik des NAND, des Nicht-Und. — Oder des NOR, des Nicht-Oder: wir müssen uns entscheiden, Partei ergreifen.

Objektivität

Die herkömmliche Logik betrachtet die Dinge sozusagen von außen. Deshalb erscheinen sie als begrenzt und abgeschlossen. Sie werden zu Objekten.

Damit entspricht diese Logik dem herkömmlichen Ideal der Wissenschaften, der Objektivität, die zwar immer angestrebt wird, letzlich aber Idealisierung bleibt. Ist doch selbst die Wissenschaft gezwungen, immer wieder einzutauchen, sich mitten rein zu begeben, sich von anderem berühren zu lassen, dazu zu gehören, ohne jede Distanz.

Eigentlich ist es kein Problem, unsere eigene Verstricktheit in die Realität als unabdingbare Voraussetzung von Wissen zu akzeptieren. Wir müssen nur den Schritt in die Objektivität in unsere Rechnung mit einbeziehen, indem wir den Räumen Platz verschaffen. Sie gehören einfach zum Ding dazu. Der Raum steht für all das, was das Ding ohne ihn nicht leisten kann. Insbesondere die Interaktionen, die Kontakte nach außen. Es ist Raum, was sich mit anderen Räumen vermischt, sie durchdringt und von ihnen durchdrungen wird.

Auf diese Weise, mithilfe des Raums, gelingt es dem Ding, sich selbst hinter sich zu lassen, zu einem anderen zu werden. Und doch auch ganz es selbst zu bleiben, denn nur in der ständigen Erneuerung ist es. Sein Sein besteht so gesehen genau darin, sich von sich selbst zu distanzieren, sich durch die Augen eines anderen zu sehen.

Das ist der Kern jeder Existenz. Und Aktivität. Es ist das, was wir manchmal Zeit nennen. Aber noch vor jeder Normierung, ohne die künstliche Monotonie der Uhren. Ohne jede Kälte. Es ist Leben. Und dieses Leben ist Wissen. Reflexion ist elementar.

Sprünge und Schleifen

Im Grunde ist jede Aktivität ein Sprung, ein Übergang von einem Zustand zu einem anderen.

Jeder Zustand aber besteht nur dadurch, dass er aktiv aufrechterhalten wird. Statisch erscheint er, weil sich dieselbe Aktivität ständig wiederholt.

Pop-up-Logik

Die X-Logik kann als eine Verallgemeinerung des Konzepts der Hyperlinks angesehen werden: jedes Ding ist mit einem Raum verlinkt. Jedes Ding ist das Tor zu einem ganz eigenen Raum, es kann aktiviert werden — und poppt dann sozusagen auf.

Knoten

Das Ding markiert den Übergang zwischen Räumen. Der Übergang ist Aktivität. Alle Aktivität, jede Aktion, ist letztlich nichts anderes als ein Übergang zwischen Räumen.

Das Ding aber ist sozusagen eine Vereinigung möglicher Übergänge. Jedes Ding ist ein Aktivitäts-Knoten, es ist Ziel und Quelle vielfältiger Aktionen.

Statisch

Jetzt haben wir (mindestens) zwei verschiedene Definitionen von Aktivität: zunächst hieß es, dass sie der Übergang von einem (statischen) Zuststand zu einem anderen sei, dann wurde sie als der Übergang zwischen Räumen definiert.

Ist also Raum eine Art Zustand, am Ende gar statisch? — Genau!

Logische Grundlagen

Könnten wir die Grundbegriffe der Logik einfach und eindeutig definieren — dann wären die bei dieser Definition verwendeten Begriffe die eigentlichen Grundbegriffe.

Was womit gemeint ist, lässt sich nur erlernen — durchs Tun. Wenn die Handlungen klar und elementar sind, dann kann das Gemeinte eventuell logisch genannt werden.

Welche Handlungen klar und einfach sind, hängt ganz entscheidend von der Umgebung ab, in der sie stattfinden. Von den Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen. Im Falle der Logik sind das vor allem die Möglichkeiten des Ausdrucks und der Darstellung, das was heute die Medien genannt wird.

Die aber haben sich — womöglich entscheidend — gewandelt.

Wissens-Modell

Die Suche nach Wissen ist meist die Suche nach einem Modell der Welt, das uns Aufschluss darüber gibt, wie wir am besten angepasst an unsere Bedürfnisse und die gegebenen Verhältnisse handeln können.

Ein solches Modell kann kommuniziert und gemeinsam ausgearbeitet werden, so dass wir unsere Kräfte bündeln und als ein Ganzes agieren können — wenn auch mit einer gewissen Verzögerung und gewöhnlich mit Reibungsverlusten.

So funktioniert explizites Wissen.

Geheime Zeichen

Jedes Zeichen ist die Aufforderung, seinen Sinn zu erfassen, den Schlüssel zu drehen und einzutreten in die verborgene Kammer. Es will uns leiten, das Richtige zu tun, seine Botschaft zu verwirklichen.

Jedes Wesen birgt ein solches Geheimnis.

Jedes Ding ist ein Tor zu einer neuen Welt.

Pulsierende Dinge

Alles, was beobachtet und erkannt werden kann, erscheint als Ding. Dinge sammeln und verteilen. Sie sind Zentrum und Quelle von Kraft und Aktivität. Ihr Pulsieren hält die Welt in Gang. Und zusammen.

Kreis des Werdens

Dinge müssen sich ständig erneuern, sie müssen immer wieder neu entstehen, um zu sein. Ihr Potenzial wird geweckt, sie werden aktiv, sie treten in Erscheinung. Doch sie vergehen auch wieder. Sie geben sich hin — um zu werden, um zu sein.

Der Raum ist ein strukturierter Raum des Wissens, das Wissen äußert sich als Aktivität, gebiert das Ding — und geht wieder auf im Raum.


*(1) Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es auch das ist, was wir “Wissen” nennen. Und “Aktivität”. Und natürlich “Ding(e)”.