Könnten wir die Grundbegriffe der Logik einfach und eindeutig definieren — dann wären die bei dieser Definition verwendeten Begriffe die eigentlichen Grundbegriffe.
Was womit gemeint ist, lässt sich nur erlernen — durchs Tun. Wenn die Handlungen klar und elementar sind, dann kann das Gemeinte eventuell logisch genannt werden.
Welche Handlungen klar und einfach sind, hängt ganz entscheidend von der Umgebung ab, in der sie stattfinden. Von den Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen. Im Falle der Logik sind das vor allem die Möglichkeiten des Ausdrucks und der Darstellung, das was heute die Medien genannt wird.
Die aber haben sich — womöglich entscheidend — gewandelt.
Jetzt haben wir (mindestens) zwei verschiedene Definitionen von Aktivität: zunächst hieß es, dass sie der Übergang von einem (statischen) Zuststand zu einem anderen sei, dann wurde sie als der Übergang zwischen Räumen definiert.
Ist also Raum eine Art Zustand, am Ende gar statisch? — Genau!
Das Ding markiert den Übergang zwischen zwei Räumen. Der Übergang ist Aktivität. Alle Aktivität, jede Aktion, ist letztlich nichts anderes als ein Übergang zwischen Räumen.
Das Ding aber ist sozusagen eine Vereinigung möglicher Übergänge. Jedes Ding ist ein Aktivitäts-Knoten, es ist Ziel und Quelle vielfältiger Aktionen.
Die X-Logik kann als eine Verallgemeinerung des Konzepts der Hyperlinks angesehen werden: jedes Ding ist mit einem Raum verlinkt. Jedes Ding ist das Tor zu einem ganz eigenen Raum, es kann aktiviert werden — und poppt dann sozusagen auf.
Ein Druck auf den Knopf — und schon sind wir ganz woanders. Ganz neue Räume öffnen sich. Häufig muss nur ein bestimmtes Wort angeklickt werden, und wir betreten unermessliche Sammlungen des Wissens, Bibliotheken, die Antworten auf nie gestellte Fragen parat haben. Plötzlich ertönt Musik; ein Film läuft ab; oder jemand teilt uns etwas mit, wir sprechen miteinander.
Überall gibt es derartige Knöpfe, Bildchen, verweisende Wörter — einfache Dinge, die, wenn wir sie berühren, aufpoppen zu einem ganzen Universum.
Dies ist eine Metapher für die neue Welt des Wissens, mehr noch, eine unverzichtbar gewordene Methode. So ist Wissen heutzutage organisiert — und nicht in mehr oder weniger übersichtlichen Regalen und Fächern, mit Büchern, die in Kapitel unterteilt sind, in Absätze, Sätze, Wörter, Buchstaben — die, zu Wörtern zusammengefügt, Sätze ergeben, die etwas aussagen und nach und nach immer umfangreicheres Wissen darstellen.
Die neue Methode verlangt und begründet eine neue Theorie. Eine Theorie des Knopfdrucks, basierend auf einer Pop-up-Logik.
Die gewaltigen Datenmengen, die ein Computer bearbeitet, bekommen erst dadurch Sinn, dass Programme die Aktivität hier hin und dort hin lenken, sie vor und zurück springen lassen. Letztlich besteht die ganze Aktivität des Computers nur aus derartigen Sprüngen, jedes einzelne der Daten sagt ihm, was er als nächstes zu tun hat, wo er hinspringen soll.
Manchmal führt so ein Sprung sozusagen nach draußen und beeinflusst die Außenwelt, indem er einen materiellen Sprung auslöst, der feste Körper bewegt, psychische Reaktionen hervorruft oder was sonst noch für Aktivitäten verursacht. Aktivitäten, von denen einige wiederum neue Daten erzeugen können — frische Nahrung für den Computer.
So sind die Computer Bestandteile größerer Kreise und haben Teil an viel umfassenderen Handlungszusammenhängen. Aktivität durchläuft eigentlich immer derartige Schleifen, wodurch bestimmte dauerhafte — weil ständig sich wiederholende — Figuren herausgebildet werden. Diese geben der Aktivität Richtung und Form und können so durchaus als eine Art Programme angesehen werden.
Im Allgemeinen hat jedes Programm auf die verschiedensten Situationen zu reagieren, von denen einige praktisch unvorhersehbar sind. Statt etwas zu tun, was vielleicht schlimme Folgen hat, ist es mitunter besser für ein Programm, gar nicht erst aktiv zu werden, vielleicht sogar eher abzustürzen. So bleibt Nichtstun grundsätzlich eine Alternative, die es wert ist, in Betracht gezogen zu werden. Es ist Teil des Spektrums möglicher Handlungsweisen eines Programms.
Wie wir zuvor schon festgestellt haben, ist Nichtstun auch in dem Sinne grundlegend, dass es den Fluss unterbricht, um Modulationen oder andere Aktionen wirksam werden zu lassen.
Letztendlich gleichen sich beide Arten von Inaktivität darin, dass sie den Raum zwischen Phasen der Aktivität bilden. Somit ermöglichen sie es jener Aktivität, genau das Richtige zur rechten Zeit am rechten Ort zu tun — und zu sein!
Sicherlich könnten wir sagen, dass ein Programm, das aus vielen anderen Programmen besteht, all diese enthält und damit auch all die verschiedenen Möglichkeiten umfasst und besitzt. Wenn aber damit vollkommene Kontrolle oder der totale Überblick assoziiert wird, dann ist die Aussage mehr als irritierend. Die Assoziation ist definitiv falsch.
Man könnte einwenden, dass es theoretisch möglich sein müsste, alle möglichen Verzweigungen zu erfassen. Und bei sehr einfachen Programmen, die in einer sehr zuverlässigen Umgebung laufen, mag das sogar praktikabel sein. Dann ist auch nichts dagegen zu sagen, davon Gebrauch zu machen. Aber es ist vollkommen unrealistisch, die ganze Computerei auf solche eideutig determinierten Programme reduzieren zu wollen. Das hieße einerseits, die Augen zu verschließen vor immer wieder, gerade dort, wo sie am wenigsten vermutet werden, auftauchende Unvorhersehbarkeiten, andererseits aber auch, die Gebrauchsmöglichkeiten des Computers über alle Maßen einzuschränken.
Ein großer Vorteil der Computer ist es gerade, mit Situationen umgehen zu können, die nicht hunderprozentig bestimmt sind. Also mit solchen Situationen, die in guter Näherung zu hundert Prozent unsere reale Welt ausmachen.
Das gilt auch für die Bedienbarkeit der Programme, die Interaktion mit den Benutzern. Je enger die Vorgaben sind, an die sich diese zu halten haben, desto unhandlicher, verschachtelter und damit undurchsichtiger wird das Ganze. Und es bringt im Endeffekt auch nicht mehr Sicherheit, sondern potenziert die Gefahr fehlerhafter Bedienung.
Einerseits sollte jedes Programm so einfach wie möglich sein, andererseits aber ist jedes Programm auch dadurch charakterisiert, dass es verschiedene Möglichkeiten des Agierens umfasst: nur so ist ein Reagieren auf verschiedene Bedingungen, Eingaben etwa, möglich.
Das gilt selbst für den Fall, dass es nur darum geht, entweder aktiv zu werden oder nicht, also nur um ja oder nein, an oder aus, 1 oder 0.
Verschiedene Möglichkeiten und das damit verbundene Moment der Entscheidung sind entscheidende Merkmale noch der kleinsten Programmelemente. Darauf baut alles auf, die ganze Funktionsweise des Computers.
Entscheidung macht alles anders. Das Ganze — und besonders auch dessen Verhältnis zu den Teilen. Es geht nicht mehr so sehr um Addition, als vielmehr um Koordination.
Der größte Teil der in einem Computer vor sich gehenden Aktivität wird nicht direkt vom Anwender in Gang gesetzt und gesteuert, sondern von Programmen. Diese werden ihrerseits von anderen Programmen kontrolliert, welche wieder von anderen abhängen und so weiter. Interaktivität findet sowohl zwischen den einzelnen Ebenen der Kontrollhierarchie statt, als auch zwischen Programmen, die sozusagen auf derselben Ebene angesiedelt sind.
In diesem Sinne „höhere“ Programme sind normalerweise denen, die von ihnen kontrolliert werden, in keiner anderen Weise überlegen. Kontrolle und Steuerung sind lediglich spezielle Funktionen, die erfüllt werden müssen, und oft gelingt das möglichst einfachen Programmen am besten. Sie müssen weder mehr wissen als andere, noch sehen, was sonst noch alles irgendwo passiert, sondern entscheiden gewöhnlich nur aufgrund weniger Indizien, wobei sie klaren Richtlinien folgen.
Dasselbe gilt für Programme, die verschiedene andere zu einem einzigen großen zusammenfassen. Verglichen mit dem Reichtum der einzelnen Bestandteile sind die zentralen, für die Zusammenführung zuständigen Komponenten häufig recht einfach gehalten, ohne jede unnötige Komplexität, die die Koordination nur noch zusätzlich erschweren würde. Je mehr Ressourcen die Kernkomponenten für sich und ihre Arbeit in Anspruch nehmen, desto weniger bleibt für den Rest übrig, was vor allem heißt: für den Anwender.
Nicht nur menschliche Benutzer können mit einem Computerprogramm interagieren, sondern auch andere Programme. Dies kommt sogar sehr viel häufiger vor, es findet eigentlich ständig statt. Innerhalb eines Computers laufen sehr viele Programme, die nur andere Programme steuern oder mit Daten oder Hardware-Ressourcen versorgen oder so.
In gewisser Weise ist jedes Programm zusammengesetzt aus kleineren Einheiten, die durchaus selbst „Programme“ genannt werden können. Sie erfüllen bestimmte Funktionen und werden bei Bedarf eingeschaltet. Dann interagieren sie mit anderen Teilen des Programms über spezielle Kanäle oder Schnittstellen — die letztlich auch wieder nichts anderes sind als eben solche Unter-Programme, die eine bestimmte Funktion erfüllen…
Beim Computer wird die Interaktivität möglich durch ständige Unterbrechung des Programmflusses. Alles erfolgt in kleinen Schritten, die fast beliebig aneinandergereiht werden können. Immer wieder kann so selbst in laufende Prozesse eingegriffen werden.
Wobei auch scheinbar statische Zustände insofern Prozesse sind, als sie immer wieder erneuert werden. Andernfalls fänden sie gar nicht statt.
Die herkömmliche Logik betrachtet die Dinge sozusagen von außen. Deshalb erscheinen sie als begrenzt und abgeschlossen. Sie werden zu Objekten.
Damit entspricht diese Logik dem herkömmlichen Ideal der Wissenschaften, der Objektivität, die zwar immer angestrebt wird, letzlich aber Idealisierung bleibt. Ist doch selbst die Wissenschaft gezwungen, immer wieder einzutauchen, sich mitten rein zu begeben, sich von anderem berühren zu lassen, dazu zu gehören, ohne jede Distanz.
Eigentlich ist es kein Problem, unsere eigene Verstricktheit in die Realität als unabdingbare Voraussetzung von Wissen zu akzeptieren. Wir müssen nur den Schritt in die Objektivität in unsere Rechnung mit einbeziehen, indem wir den Räumen Platz verschaffen. Sie gehören einfach zum Ding dazu. Der Raum steht für all das, was das Ding ohne ihn nicht leisten kann. Insbesondere die Interaktionen, die Kontakte nach außen. Es ist Raum, was sich mit anderen Räumen vermischt, sie durchdringt und von ihnen durchdrungen wird.
Auf diese Weise, mithilfe des Raums, gelingt es dem Ding, sich selbst hinter sich zu lassen, zu einem anderen zu werden. Und doch auch ganz es selbst zu bleiben, denn nur in der ständigen Erneuerung ist es. Sein Sein besteht so gesehen genau darin, sich von sich selbst zu distanzieren, sich durch die Augen eines anderen zu sehen.
Das ist der Kern jeder Existenz. Und Aktivität. Es ist das, was wir manchmal Zeit nennen. Aber noch vor jeder Normierung, ohne die künstliche Monotonie der Uhren. Ohne jede Kälte. Es ist Leben. Und dieses Leben ist Wissen. Reflexion ist elementar.
Die allgemein verbreitete herrschende Logik basiert ganz entscheidend auf der Voraussetzung, dass der Raum eines Dinges begrenzt ist. Seiner Ausdehnung und Ausbreitung sind Grenzen gesetzt, und zwar durch die Existenz anderer.
Die Dinge stoßen aneinander, sie verdrängen sich gegenseitig.
Dies ist die Logik der Festkörper, der Mechanik. Es ist die Logik der abgegrenzten Territorien, des Besitzens, des Eroberns und Verteidigens, der kriegerischen Auseinandersetzungen — ebenso wie auf der anderen Seite der freundschaftlichen Begegnungen und sanften Berührungen.
Es ist die Logik der Grenzen und des Einzelnen. Entweder dies oder das; oder gar nichts; auf keinen Fall aber beides. Die Logik des NAND, des Nicht-Und. — Oder des NOR, des Nicht-Oder: wir müssen uns entscheiden, Partei ergreifen.
Das Ideal der Mechanik ist der leere Raum, in dem wenige Objekte miteinander interagieren, deren Verhalten allein von ihren Massen bestimmt wird. Diesem Ideal kommt der Raum zwischen den großen Himmelskörpern unseres Sonnensystems sehr nahe. Und tatsächlich wurden die Gesetze der Gravitation, der Trägheit und so weiter zunächst aus den Beobachtungen der Sterne, insbesondere der Planetenbewegungen, abgeleitet.
Auf der Erde kam es darauf an, Situationen zu finden oder zu schaffen, wo störende Faktoren wie die Reibung nicht allzu sehr ins Gewicht fielen und deshalb vernachlässigt werden konnten. Auf glatten Oberflächen rollende oder an Fäden hängende aufeinander stoßende (Billiard-)Kugeln bieten sich hier an, aber auch frei fallende Körper. Der Vergleich dieser Bewegungen mit denen der Himmelskörper führte zur Entdeckung neuer Gesetze von beeindruckender Universalität.
Wie sehr dieses Ideal der Mechanik unsere Welt geprägt hat, spiegelt sich nicht nur zum Beispiel in den überall zu findenden glatten Oberflächen wider, sondern vor allem auch in unseren Köpfen, unseren grundlegenden Vorstellungen, den tiefsitzenden Vorurteilen: Die wahre Wirklichkeit muss hart und glatt sein und lebensfeindlich wie der leere Weltraum.